Luftaufnahme vom Psychiatrischen Zentrum Nordbaden

19.11.15 - 34. Landespreises für Heimatforschung – 1.Preis an Dr. Frank Janzowski

Die mit insgesamt 10.200 Euro dotierte Auszeichnung würdigt ehrenamtliche Arbeiten zur lokalen Geschichte

Die Amtschefin des Wissenschaftsministeriums, Ministerialdirektorin Dr. Simone Schwanitz, zeichnete am 19. November in Bruchsal sechs Autoren, darunter zwei Schülerinnen, mit dem 34. Landespreis für Heimatforschung aus. Der Preis würdigt seit 1982 ehrenamtlich erstellte Forschungsarbeiten zu lokalgeschichtlichen Themen. Die ausgezeichneten Arbeiten wurden aus 106 eingereichten Bewerbungen von einer unabhängigen Jury ausgewählt und im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart dokumentiert und archiviert. Schwanitz betonte in ihrer Rede, „Lokal- und Regionalgeschichte haben in einer zunehmend globalisierten Welt große Bedeutung. Die Kenntnis der eigenen Wurzeln ist für eine Zivilgesellschaft wichtig, um die sich hieraus ergebenden Wechselwirkungen zu überregionalen Zusammenhängen besser einordnen zu können.“ Der Erste Preis ging an Dr. Frank Janzowski, ehemaliger Mitarbeiter des PZN Wiesloch. Janzowski hatte für das PZN bundesweit über fünf Jahre für das Buch „Die NS-Vergangenheit in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch“ in zahlreichen Archiven recherchiert. Aus der damaligen Wieslocher Anstalt kamen in den Jahren 1940 und 41 fast 1000 Patienten in die Gaskammern von Grafeneck und Hadamar. Mehr als 500 weitere Kranke sind anschließend in anderen Einrichtungen, in denen die Überlebenschancen aufgrund von Hunger und Vernachlässigung gering waren, verstorben, oder sie wurden dort mit Medikamenten umgebracht. Janzowski sagte in seiner Dankesrede, „Mir ist es ein Anliegen, dass die Opfer von damals nicht einfach weg sind, oder hinter Zahlen verschwinden und als Individuen vergessen werden. Ich habe eine Namensliste erstellt, sie soll ein Beitrag sein, den Opfern ihre Individualität, ihre persönliche Geschichte und ihre Würde zurückzugeben.“ Über das Buch hinaus erstellte der Autor in mühsamer Kleinarbeit aus Transportlisten und Monatsstatistiken eine Datenbank mit fast 2200 Namen. „Dazu habe ich viele Krankengeschichten und andere Unterlagen in den verschiedensten Archiven gesichtet. Ich habe, soweit ersichtlich, auch Geburtsdatum, Wohnort und Geburtsort erfasst, sowie die verschiedenen Verlegungen, vor bzw. nach einem Abtransport aus Wiesloch. Zusätzlich wollte ich wissen, wer von diesen Menschen den Krieg überlebt hat.“ Das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch kann nun anhand dieser Liste Auskunft bei Anfragen über den Verbleib von ehemaligen Patienten geben, die von deren Angehörigen der zweiten und dritten Generation heute noch gestellt werden. Entsprechendes gilt für Anfragen von Städten oder Gemeinden, die sich für ein Gedenken an ihre Opfer von damals einsetzen.

Rainer Schmidt vom verlag regionalkultur in Ubstadt-Weiher freut sich ebenso, „Das Buch "Die NS-Vergangenheit in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch" erfüllt nicht nur die klassische Aufgabe eines Buches, nämlich Wissen für kommende Generationen zu bewahren. Es entreißt Menschen dem Vergessen, gibt ihnen damit einen Teil ihrer Würde zurück und lässt sie wieder Teil unserer regionalen Geschichte werden. Insofern glaube ich, dass das Gesamtwerk von Frank Janzowski den Hauptpreis der Landesforschung Baden-Württemberg verdient hat. Und natürlich sind wir sehr stolz, dass wir dieses Buch verlegen dürfen - neben verschiedenen 2. und 3. Preisen ist es der erste Hauptpreis für eines unserer Bücher.“ Der/die Preisträger wurde/n in einem Kurzfilm portraitiert >> Beitragslink zu YouTube Film Dr. Frank Janzowski